Es ist mir nicht gelungen, mich mit meiner Sicht auf die Funktionsweise der Variomatik kurz zu fassen, dafür verspreche ich, daß dies mein einziger Beitrag zu diesem Thema sein wird:
Die Vario (auf der Kurbelwelle, vorne) ist mittels des Varioriemens mit dem Wandler (auf der Getriebeeingangswelle, hinten) verbunden. Die Vario kann durch axiales Verschieben ihrer Riemenscheibenhälften ihren für den Riemen wirksamen Umfang verändern. Das ist aber nur möglich, weil der Wandler (hinten) ebenfalls axial verschiebbare Riemenscheibenhälften aufweist.
Die Riemenscheibenhälften des Wandlers (hinten) werden permanent durch die im Wandler enthaltene Gegendruckfeder zusammengedrückt. Wenn nun also bei Stillstand der Kurbelwelle oder bei kleiner Kurbelwellendrehzahl die Fliehkraftgewichte in der Vario keinen oder einen nur kleinen Effekt zeigen, dann ist alleine durch die Kraft der Gegendruckfede ein kleines Übersetzungsverhältnis eingestellt (vergleichbar mit dem "1. Gang" beim Schaltgetriebe).
Mit steigender Kurbelwellendrehzahl nimmt der Effekt der Fliehkraftgewichte in der Vario (vorne) zu und damit wird der Riemen an der Vario auf einen größeren Umfang gezwungen. Weil die Länge des Riemens konstant bleibt, muß dieser im Wandler (hinten) auf einen kleineren Umfang wechseln. Die Riemenscheibenhälften des Wandlers werden also durch den Riemen auseinandergedrückt - und das gegen die permanent wirkende Kraft der Gegendruckfeder. Wir sehen: Fliehkraftgewichte und Gegendruckfeder sind ständige Gegenspieler und das Zusammenwirken von Riemen und insgesamt vier Riemenscheibenhälften ermöglicht ein veränderliches Übersetzungsverhältnis.
Fliehkraftgewichte und Gegendruckfeder sind also ständige Gegenspieler: Die Vario mit ihren Fliehkraftgewichten möchte "höhere" Gänge einstellen und die Gegendruckfeder möchte "kleinere" Gänge einstellen. Wer dabei "gewinnt", also wie das Verhältnis dieser Kräfte zueinander ist, hängt von der Kurbelwellendrehzahl (=Variodrehzahl) ab. Die bis hierher beschriebene Anordnung realisiert eine kurbelwellendrehzahlabhängige Einstellung des Übersetzungsverhältnisses und das würde im Prinzip schon zum Fahren genügen.
Aber zum "richtigen" Fahren braucht es noch eine weitere Zutat: Wenn ich spontan eine große Beschleunigung brauche, dann will ich eventuell einen Gang zurückschalten, um dem Motor zu erlauben, durch höhere Drehzahl mehr Leistung abzugeben. Aber genau diese notwendige Änderung des Übersetzungsverhältnisses (einen Gang runter) würde die bislang beschriebene Variomatik nicht leisten können. In das ganze Ding müßte also noch ein Element eingebaut werden, was die Einstellung des Übersetzungsverhältnisses zusätzlich lastabhängig macht. Lastabhängig heißt hier: Drehmomentabhängig, also abhängig von der Kraft, mit der der Motor am Varioriemen zieht.
Und dieses bisher fehlende Element sind die beiden Riemenscheibenhälften des Wandlers (hinten). Sie sind nicht nur axial verschiebbar - um ihren für den Riemen wirksamen Umfang zu verändern, sondern sie lassen sich auch noch gegeneinander verdrehen. Aber wie sollen sie sich gegeneinander verdrehen können? Sie zwängen doch einen Riemen zwischen sich ein, sie sind doch somit über den Riemen miteinander verbunden? Ja, richtig, aber da gibt es noch den Schlupf und wenn die Motorkraft am Riemen zwischen den Wandlerhälften zieht und die Hälften verdrehbar sind, dann werden sie sich gegeneinander verdrehen, auch wenn das bedeutet, daß alle drei Bauteile, also eine Riemenscheibenhälfte, der Riemen und die zweite Riemenscheibenhälfte, relativ zueinander in Bewegung sind. Und das gleichzeitig zu - und unabhängig von - der schnellen Rotation aller dieser Bauteile während der Fahrt.
Die Verdrehbarkeit der Riemenscheibenhälften des Wandlers ist nicht groß, vielleicht eine Viertel Umdrehung - aber diese Verdrehung hat Folgen. Das Verdrehen der Hälften bewegt sie aufeinander zu - oder voneinander weg - je nach Richtung. Bewirkt wird dies durch eine geschickte Anordnung von Führungsstiften und Schneckengängen, in etwa so, wie die Fokussierung bei einem Objektiv funktioniert: Eine Drehbewegung resultiert in einer axialen Verschiebung.
Im Wandler ist das Ganze so ausgeführt, daß, wenn der Motor am Riemen zieht, sich die Riemenscheibenhälften gegeneinander verdrehen (Schlupf sei Dank). Diese Verdrehung bewirkt durch Schneckengänge und Führungsstifte, daß sich die Riemenscheibenhälften aufeinander zu bewegen. Der Riemen wird so im Wandler auf einen größeren Umfang gezwungen und das heißt, daß sich das Übersetzungsverhältnis ändert, und zwar in Richtung "kleinerer Gänge". Und hier erinnern wir uns an die Gegendruckfeder. Die hat die gleiche Wirkung, nämlich "kleinere Gänge" einzustellen. Wenn wir die Effekte nun zusammenfassen, dann sehen wir, daß die Gegendruckfeder permanent arbeitet, sie jedoch bei Lasterhöhung (z.B. gasgeben) eine Unterstützung erfährt, nämlich durch die Kraft des "Schneckengangmechanismus".
Je mehr Kraft die Variomatik übertragen muß, desto stärker wird die Gegendruckfeder in ihrer Arbeit unterstützt und damit haben die Fliehkraftgewichte (vorne) nicht mehr nur einen, sondern zwei Gegenspieler, die Gegendruckfeder, und zusätzlich den "Schneckengangmechanismus". Gegen nunmehr zwei Gegenspieler "verliert" die Vario mit ihren Fliehkraftgewichten und ihrem Bestreben, "höhere Gänge" einzustellen. Folge: Je mehr Kraft die Variomatik übertragen muß, desto "kleinere Gänge" werden eingestellt - und umgekehrt, bei kleiner Last werden "höhere Gänge" eingestellt.
Die Steigung der "Schneckengänge" bestimmt das Verhältnis Verdrehwinkel zu axialer Kraft und damit bestimmt die Steigung die Lastabhängigkeit. Von verschiedenen Zubehörherstellern gibt es Wandler mit unterschiedlichen Steigungen, je nach vom Fahrer gewünschter Charakteristik der Lastabhängigkeit.
Gruß,
Andreas