Ein Motorradhelm oder auch Sturzhelm ist ein Teil der Schutzkleidung für Zweiradfahrer und schützt dessen Kopf bei Verkehrsunfällen vor lebensbedrohlichen Verletzungen.
Ein Motorradfahrer ist gegenüber Autofahrern erhöhten Gefahren
ausgesetzt, weil:
* sein Motorrad über keine Knautschzone verfügt,
* er aufgrund seiner geringen Größe leicht übersehen wird,
* seine Geschwindigkeit von anderen leicht unterschätzt wird,
* er einen größeren toten Winkel hat als ein Autofahrer,
* er bei Geschwindigkeiten ab ca. 30 km/h Hindernissen weniger
gut ausweichen kann als ein Auto.
1. Vorschriften
Das Tragen eines Sturzhelms ist für Motorradfahrer in den
meisten Ländern gesetzlich vorgeschrieben, in Deutschland und den
meisten anderen europäischen Ländern auch für Fahrer von Mopeds und Mofas.
Schutzhelmpflicht für Motorradfahrer
besteht in der Bundesrepublik Deutschland bereits seit 1976 (nach DIN 4848). 1980 wurde ein Verwarnungsgeld bei Fahrten ohne Schutzhelm (für Fahrer und Sozius) eingeführt. Ab dem 1. Januar 1990 wurden nur noch Schutzhelme nach der ECE-Norm 22 zugelassen. Durch zwei Ausnahmeverordnungen wurde diese Vorschrift aufgehoben, so dass ?alte? Helme (z.B. Cromwell), die nicht nach ECE geprüft sind, weiterhin in der Bundesrepublik zulässig sind. Allerdings kann man davon ausgehen, dass man mit einem solchen Helm im Falle eines Unfalls keine Versicherungsleistungen erhält (Stichwort Fahrlässigkeit).
2. Bauarten
Man unterscheidet folgende Bauarten:
* Integralhelme (auch Vollvisierhelme) mit fester Kinnpartie -
bieten den besten Schutz.
* Klapphelme, bei denen sich die Kinnpartie hochklappen lässt -
sind ein Kompromiss zwischen Sicherheit und Bequemlichkeit wobei
die Sicherheit im Vergleich zu Integralhelmen minimal geringer oder
genauso gut ist. Außerdem erleichtern Klapphelme das Abnehmen des
Helmes nach einem Unfall.
* Enduro/Motocross-Helme mit fester Kinnpartie (größerer
Abstand als beim Integralhelm, meistens ohne Visier)
* Jethelme mit tiefgezogenem Visier, aber ohne Kinnpartie.
* Halbschalenhelme (u.a. auch die sog. Braincap)
Die beiden letztgenannten Bauarten schützen Gesicht und Kinn bei
einem Unfall nicht!
Grob unterteilt werden die Helmschalen aus zwei verschiedenen
Werkstoffgruppen (Kunststoffen) gefertigt:
* Thermoplaste: (z.B. Acrylnitril-Butadien-Styrol-Copolymerisat,
Polycarbonat, Polyamid) Diese Kunststoffe sind unter Hitzeeinwirkung leicht
formbar und werden meist im Spritzgussverfahren hergestellt.
Der Vorteil dieser Werkstoffe ist, dass diese leicht in großen Mengen
herzustellen und somit günstig sind. Der Nachteil ist das schnelle
Altern, besonders durch Ultraviolettstrahlung welches ein
relativ schnelles Erneuern des Helms erforderlich macht.
* Duroplaste: (z.B. Aramidfasern, Glasfaserverstärkter
Kunststoff, Kohlenstofffasern, Dyneema) Diese Kunststoffe können nur aufwendig
hergestellt werden (im Laminatverfahren)
da diese nicht leicht formbar und spröde sind, dafür ein große
Härte aufweisen. Dadurch sind diese Helme sehr hochwertig und teuer
und werden z.B. im Rennsport verwendet. Duroplaste altern nicht so
schnell, was dem Helm bei guter Pflege eine hohe Lebenserwartung
beschert.
Das Energie absorbierende Material im Inneren des Helmes besteht
in der Regel aus Polystyrol.
3. Helmsicherheit
Beim Kauf eines Helmes ist vor allem auf gute Passform zu
achten (siehe unten), zumindest für einen Erst kauf ist daher der Versandhandel
nicht zu empfehlen. Der Helm muss fest sitzen, aber nicht drücken
(die Innen schale gibt bei neuen Helmen noch leicht nach). Das Kinn
sollte überdeckt sein, und zwischen Kinn und Helm sollte mindestens
ein Finger breit Platz sein. Bei Belüftung und Schallisolierung gibt
es große Qualitätsunterschiede. Leuchtende Farben verringern die
Gefahr, im Verkehr übersehen zu werden. Der Helm sollte nach der
neuesten Norm geprüft sein, die momentan ECE 22/05 lautet und im
Helm eingenäht ist.
Beim Helm kauf: Maß nehmen!!
Eine grobe Vororientierung ist das Messen des Kopfumfangs an der dicksten Stelle über den Ohren. Sind es zum Beispiel 57 Zentimeter, ist die passende Größe eben 57. Jetzt gibt es aber keinen 57er Helm, sondern nur einen der Größe 56/57, was in den meisten Fällen der Angabe ?M" entspricht. Die Zuordnung der Helmgrössen: ? XS" entspricht in der Regel 52/53, ? S" 54/55, ? M" 56/57, ? L" 58/59, ? XL" 60/61 und ? XXL" 62/63.
Die ECE-Norm für Helme legt folgende Kriterien bei der Prüfung fest:
Größe und Form der Dämpfungsschale, chemische Resistenz der
Außenschale, Stoßdämpfungswerte an einzelnen Punkten durch den
Falltest, Abstreiftest vor allem bei den kleinen Größen,
Belastbarkeit des Kinnriemen und die Absicherung des Kinnriemen.
Belastbarkeit des Kinnriemenverschlusses, Größe des Sichtfeldes,
Durchdringungswiderstand des Visiers, Tönung des Visiers.
Bei der Prüfung nach ECE 05 gelten zusätzlich noch:
Senkung der z. Zt. gültigen Grenzwerte für Kopfverzögerung und
HIC (Head Injury Criterion) um 10 %. Damit wird die
Kollisionsgeschwindigkeit zwischen Kopf und Anprallobjekt höher
angesetzt, wodurch eine höhere Sicherheitsreserve geschaffen wird,
Kinnaufschlag, Prüfung der Kinnteildämpfung, Messung der
Rotationsbeschleunigung (Außenschale), Visiertönung, bis zu 50 %
Tönung: ausschließlich Tagesnutzung mit Kennzeichnungspflicht, das
ECE - Etikett muss mit Klarsichtfolie übernäht werden,
Kinnriemensicherung wie bisher, jedoch nicht für TRIAL-Helme
Das vorgeschriebene Genehmigungszeichen nach ECE-Regelung Nr.22:
(Der Economic Commission of Europe ? Sticker ist die Garantie, dass der Helm nach amtlich festgelegten Qualitätsmindestanforderungen gefertigt und kontrolliert ist.)
Damit ein Sturzhelm wirksam schützen kann, muss er genau festgelegte Bedingungen erfüllen.
Wenn er diese Prüfungen besteht, darf er ein Prüfzeichen führen. Die Ziffern neben dem "E" im Kreis sagen dir, in welchem Land der Helm geprüft wurde. Die ersten beiden Ziffern der Prüfnummer zeigen dir an, wie gut der Helm ist: Die derzeit strengste Prüfnorm ist die Regelung ECE 22/05. Helme, die nicht einmal die Version 04 der Prüfnorm erfüllen, dürfen seit 1. Januar 2001 nicht mehr verkauft werden.
Die als Beispiel abgebildete ECE-Etikette hat folgenden Aufbau: R22 heißt "Regelung 22", also die Nummer der jeweiligen ECE-Norm. Helme haben z.B. eben die ECE-Norm 22, Kindersitze in PKW unterliegen der ECE 44, ...
E3 zeigt, in welchem Land der Helm geprüft wurde.
Die ersten beiden Ziffern der Prüfnummer (hier: 04) stehen für die Version der ECE-Norm
55828: Dies ist die Homologationsnummer
/P: Die Kinnschutzprüfung wurde bestanden
/PN: Die Kinnschutzprüfung wurde nicht vorgenommen (z.B. bei Jet-Helmen)
Die restlichen Nummern (hier: 124397) sind interne Herstellerkennungen
E = Europaweit anerkanntes Prüfzeichen mit Länderschlüssel:
E1: Deutschland E2: Frankreich E3: Italien E4: Niederlande E5: Schweden
E6: Belgien E7: Ungarn E8: Tschechien E9: Spanien E10: ehemaliges Jugoslawien
E11: Großbritannien E12: Österreich E13: Luxemburg E14: Schweiz E15: DDR
E16: Norwegen E17: Finnland E18: Dänemark E19: Rumänien E20: Polen
E21: Portugal E22: Russische Föderation E23: Griechenland E24: Irland
E25: Kroatien E26: Slowenien E27: Slowakei E28: Weißrussland E29: Estland
E31: Bosnien und Herzegowina E32: Lettland E37: Türkei E40: Mazedonien
E42: Europäische Union E43: Japan
4. Handhabung
Ohne geschlossenen Kinnriemen hat der Helm keine Schutzwirkung,
da er sich bei einem Unfall vom Kopf löst. Auch ein beschädigter
Helm (Beulen, Risse oder Löcher in der Außenschale) bietet keine
ausreichende Schutzwirkung. Auch bei Stürzen aus geringer Höhe ist
es ratsam den Helm untersuchen zu lassen (z.B. durch Röntgengeräte im Fachhandel) und gegebenenfalls auszutauschen. Es ist dringend zu vermeiden den Helm
starken Druck- oder Zugkräften auszusetzen. Verkratzte Visiere sind
wegen der schlechteren Sicht vor allem in der Dunkelheit und bei
Regen zu ersetzen. Tiefe Kratzer im Lack des Helmes sind sofort zu
versiegeln, da die Kunststoffe dazu neigen Wasser zu ziehen (also
hygroskopisch sind) und der Kunststoff somit weich wird und die Schutzwirkung des Helmes nachlässt. Für den Umgang mit Helmen nach einem Unfall s.h. Helmabnahme
5. Funktion
Moderne Helme sind so konzipiert, dass sie bei einer Krafteinwirkung, z.B. einem Schlag, diese in Verformungsenergie umwandeln. Das führt dazu, dass der Helm in seiner Gesamtheit zerstört wird. Danach ist der Helm nicht mehr in der Lage, seine
ihm zugedachte Schutzfunktion zu übernehmen. Deshalb ist es wichtig, den Helm nach einem Unfall gegen einen Neuen auszutauschen, auch wenn optisch nur leichte oder keine Beschädigungen auszumachen sind. Zusätzlich bieten sie eine gewisse
Schutzwirkung gegen Abrasion und Penetration durch z.B. spitze Gegenstände.
6. Visiere
Mittlerweile gibt es im Bereich der Integralhelme und Jethelme ein reiches Angebot der Helmhersteller an verschiedenen Visieren.
Üblicherweise bestehen sie aus dem Kunststoff Polycarbonat, auch bekannt unter dem Namen Makrolon? oder Lexan?, welcher für einen durchsichtigen Kunststoff sehr hart und schlagfest ist und zudem nicht splittert.
Viele Visiere heutzutage sind kratzfest, d.h. sie sind mit einer
widerstandsfähigen Klarlackschicht überzogen. Diese verträgt jedoch keine Politur oder aggressive Reinigungsmittel.
Integralhelm-Visiere neigen (besonders bei Regen) zum beschlagen.
Deswegen verfügt jeder gute Helm über eine Rastung bei dem das Visier fast geschlossen ist, so dass zusätzlich Frischluft das beschlagen verhindert und gleichzeitig kaum Wasser eindringen kann.
Auf dem Markt gibt es auch Visiere welche schon ab Werk über eine permanente Antibeschlagbeschichtung verfügen, welche allerdings auch empfindlich ist. Andere Hersteller bieten gegen das Beschlagen so genannte Pinlock-Visiere an (siehe unten). Natürlich finden auch handelsübliche Antibeschlagmittel Anwendung, welche nachträglich aufgetragen werden können. Andere Zubehörteile können auch ein
Beschlagen abschwächen (zum Beispiel ein Atemabweiser, welcher die Ausatemluft unten aus dem Helm ausleitet).
Folgende Visiere gibt es:
* Klarsicht-Visiere: Die gebräuchlichste Art der
Visiere, sie sind der Standard für gängige Helmtypen. Sie müssen
für den Straßenverkehr über ein E-Prüfzeichen verfügen.
* Verspiegelte und leicht bis stark getönte Visiere
(jeweils in unterschiedlichen Farben erhältlich): Getönte Visiere
haben den Vorteil Sonnenlicht abzuschwächen und somit eine Blendung
des Motorradfahrers zu verhindern. Des Weiteren sind sie sehr
beliebt, da man von außen nicht mehr durch das Visier durchsehen
kann. Stark getönte Visiere müssen auch für den Straßenverkehr ein
E-Prüfzeichen besitzen, und dürfen nur bei Tageslicht unter guten
Wetterbedingungen genutzt werden. Die Benutzung bei Nacht ist
verboten und ist außerdem äußerst unpraktisch und gefährlich, da
die Sicht quasi gleich Null beträgt. Bei einer Missachtung dieses
Verbotes ist mit rechtlichen Konsequenzen und im Falle eines
Unfalls mit Regressforderungen der Versicherung zu rechnen.
* Pinlock-Visiere: Bei diesem Visier ist ein kleines
zweites inneres Visier mittels Kunststoff-Stiften direkt an das
Hauptvisier befestigt. Die dünne isolierende Luftschicht die
dadurch entsteht verhindert ein Beschlagen des Visieres. Nachteile
sind jedoch, dass das kleinere Innenvisier ein Beschlagen des
Randbereiches des Hauptvisieres nicht verhindern kann, und dass die
Umlaufkante und die Befestigungen im Blickfeld den Fahrer stören
bzw. irritieren kann. Pinlock-Visiere sind nur eine andere Bauart,
sie können natürlich genauso getönt o. ä. sein.
* Zusätzliche Sonnenvisiere: Inzwischen werden von
verschiedenen Herstellern Helme angeboten, welche neben den
Klarsicht-Visier über ein zusätzlich angebrachtes getöntes Visier
verfügen, das während der Fahrt bedient werden kann. Dieses ist
entweder im Inneren als zweites Visier dicht vor den Augen
angebracht und lässt sich per Schalter von außen bedienen, oder es
ist ein kleineres Visier, welches außen über dem Klarsicht-Visier
angebracht ist und bei Bedarf herunter geklappt werden kann. Dass
diese während der Fahrt bedient werden können, ist ein großer
Vorteil, da der Motorradfahrer während der Fahrt auf veränderte
Lichtverhältnisse reagieren kann (im Gegensatz zu herkömmlichen
getönten Visieren und unter dem Helm getragenen Sonnenbrillen).
* Heizvisiere: Es gibt auch Heizvisiere, bei denen feine
Drähte Wärme erzeugen und somit das Beschlagen dauerhaft
verhindern. Durch ein Spiralkabel und Abreißstecker wird das Visier
mit einer Bordsteckdose verbunden. Mit einem Heizvisier hat man
auch bei widrigsten Bedingungen (Kälte und Nässe) mit vollkommen
geschlossenem Visier freie Sicht. Diese Visiere sind jedoch nur für
wenige Helme verfügbar.
7. Hersteller
Die bekanntesten Hersteller von Sturzhelmen:
* Belgien: Lazer Helmets, Levior
* Deutschland: Schuberth,
Uvex, BMW, CRAFT Helmets, Bandit Helmets, Cabert Helmets
* Frankreich: Shark ROOF
* Italien: agv, Airoh, Caberg, Fimez (FM),
Nolan, Suomy, Vemar, Dainese, Premier
* Japan: Arai, Marushin, Shoei
* Korea: HJC
* Portugal: CMS Helmets
* Schweiz: IXS
* USA: Simpson, Bell, KBC