Reisebericht Irland - Keltenkreuze, Kleeblätter und schroffen Küsten

  • Der Westen von Irland zählt zu den spektakulärsten Landschaften Europas. Der Ring of Kerry, die Cliffs of Moher, Moor- und Heideflächen. Schmale Teerspuren winden sich entlang der Küste, klettern über kleine Pässe und tauchen hinab zu traumhaften Buchten.

    Rotterdam - Hull - Holyhead - Dublin

     

    Das Navi sagt „Fähre fahren“. Autos, LKWs, Camper und eine handvoll Biker warten im Hafen von Rotterdam mit uns auf die Verladung. Die Motorräder dürfen zuerst in den weit geöffneten Schlund der Fähre einfahren. Gurte zum Verzurren der Maschinen liegen für uns bereit. Ich ergattere einen nagelneuen, gepolsterten Spanngurt und verzurre meine Siwi mit wenigen Handgriffen quer über die Sitzbank - fertig. Pünktlich um 19 Uhr legt die Fähre ab, die uns in 12 Stunden nach Hull, im Osten von England, bringen wird. Zeit genug für mich, auf dem Deck die gelb-rot im Meer versinkende Sonne zu genießen.

    Ein erstes Guinness, ein erstes Kennenlernen der Mitfahrer/-in, dann verziehe ich mich in meine Kabine. Das Brummen der Schiffsmotoren und das Vibrieren der Koje sind gewöhnungsbedürftig, doch irgendwann schlafe ich tatsächlich ein.
    Frühstück gibt es am nächsten Morgen bereits um 6 Uhr. Ich wundere mich, dass ich alleine vor dem Speisesaal stehe. Ich habe die Uhr nicht umgestellt!! In England ist es eine Stunde früher. Der Tag fängt gut an.
    Gegen 9.00 Uhr rollen wir von Bord. Da uns die Fähre von England nach Irland den Zeitplan vorgibt, geht es von Hull aus 350 km über Schnellstraßen und Autobahnen zum Fährhafen Holyhead, von wo wir in 3 Stunden in die Hauptstadt der Republik Irland, Dublin, übersetzen. Während wir die erste Nacht in Irland im Hotel Academy Plaza verbringen, nächtigt meine Siwi im bewachten Parkhaus um die Ecke.

     

    Durch die Wicklow Mountains zum Rock of Cashel

     

    Wir verlassen Dublin unter einem strahlend blauen Himmel. Unser Guide lotst uns über quirlige Strassen aus der Stadt. Achtung: alle - wirklich alle ohne Ausnahme - fahren hier auf der falschen Straßenseite!!!

    Der Motor meiner Silver Wing hat kaum seine Betriebstemperatur erreicht, da tauchen wir in die Hügel der „Wicklow Mountains“ ein. In dieser Berglandschaft mit seinen kristallklaren Seen lässt sich der Alltagsstress schnell vergessen. Das schmale Teerband, das sich Strasse nennt, schlängelt sich durch weite Moorlandschaften. Wälder gibt es hier keine. Wir sind fast allein unterwegs. Zügig, doch entspannt schwingen wir südwärts. Gelegentlich müssen wir in die Eisen gehen, um einigen Schafen den Vortritt zu lassen.

    Dann zieht sich der Himmel immer mehr zu. Dunst und Nebel hängen über der grün-braunen Hochebene. Die Stimmung ist mystisch. Man fühlt sich zurückversetzt in eine Zeit, als hier Highlander die Gegend durchstreiften. Das Wetter wechselt zwischen bewölkt und regnerisch hin und her, um sich dann doch für Regen zu entscheiden. Es wird Zeit, die Gummipelle überzuziehen. Im Wassernebel bemerken wir kaum die Straßenkreuzung „Sally Gap“ (503 m), gälisch „Bearna Bhealach Sailearnáin“, einen der höchsten Pässe, wenn nicht überhaupt der höchste ;-) Pass Irlands.

    So schnell wie er gekommen ist, so schnell ist der Regen auch wieder vorbei.

    Die „Old Military Road“ leitet uns ins „Glenmacness Valley“. Die Briten bauten die Militärstraße durch die Wicklow Mountains, um nach dem Aufstand von 1798, irische Rebellen aufzuspüren. Am „Glenmacness Waterfall“, dessen Wasser hier 80 m über blanken Fels in die Tiefe rauscht, legen wir einen Stopp ein und genießen die Aussicht weit hinab ins Tal.


    Wenige Kilometer weiter, im „Gleann Dá Loch“, dem Tal der zwei Seen, liegen die Ruinen von Irlands berühmtester Klostersiedlung „Glendalough“. In voller Motorradmontur stapfen wir über die Green Road, einen alten Pilgerpfad, durch Wälder, die hier und da einen Blick auf den „Lower Lake“ freigeben. Dann ragt plötzlich der markante Rundturm vor uns 33m in die Höhe, das Wahrzeichen von Glendalough. Das vom heiligen Kevin gegründete Kloster gehört zu den ältesten christlichen Überresten in Europa. Von der einstigen Siedlung sind neben dem Rundturm nur noch die Ruinen einer Kapelle - St. Kevin’s Kitchen - sowie eines Priesterhauses erhalten geblieben, allerdings verleihen die unzähligen Steinkreuze dem Ort eine ganz besondere Stimmung.


    Am späten Nachmittag erreichen wir die idyllische Stadt Cashel. Der Ort wird überragt von einer riesigen Burg, dem „Rock of Cashel“. Die Festungsanlage, einst Krönungsstätte von Königen und Sitz von Bischöfen, thront majestätisch auf einem Felsen, den nach einer Legende der Teufel ausgespuckt hat; auch als Sitz von Feen und Geistern wurde sie vor Jahrhunderten verehrt. Von hier oben eröffnet sich uns ein herrlicher Blick über die gesamte Umgebung.
    Am Abend lasse ich mir im Pub unserer Unterkunft das traditionelle Eintopfgericht Irlands schmecken: Irish Stew (Stobhach Gaelach) aus Hammel- oder Lammfleisch, Kartoffeln, Zwiebeln und Petersilie. Einfach nur lecker!


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  • Schöner Reisebericht. Ihr habt ja dort richtiges Sommerwetter gehabt ;) Hab die Strecke mit dem Cabrio vor 25 Jahren gemacht - selbst im Hotel haben wir gefroren. Aber schön wars trotzdem!

    Danke für den Bericht und Bilder.

  • ..ihr habt ja dort richtiges Sommerwetter gehabt ...

    Die Bilder täuschen etwas. Es hat eigentlich irgendwann jeden Tag mal geregnet. So ist Irland eben.
    Gruß Ralf

    Sag deinen Problemen, dass du nach dem Frühstück kommst und sie nicht auf dich zu warten brauchen - echt nicht !